Interferenzen
Gegenüberstellung der meistgesprochenen Fremdsprachen im deutschsprachigen Raum mit dem Hochdeutschen
Reiter
Tigrinya
Seitenübersicht
[Ausblenden]1 Allgemeine Informationen
Tigrinya gehört zu den semitischen Sprachen, einem Zweig der afroasiatischen Sprachfamilie. Tigrinya wird im Norden von Äthiopien und im Süden von Eritrea gesprochen. Neben Tigrinya gibt es viele andere Sprachen, die in den zwei Ländern gesprochen werden, wie z.B. Harari oder Tigre. Die Anzahl Sprecher des Tigrinya wird auf ca. 10 Millionen Menschen geschätzt. Tigrinya ist die Arbeitssprache der Regierung der Tigray Region und die Arbeitssprache der eritreischen Regierung. Es gibt zwei offizielle Standardvariatäten des Tigrinya, nämlich das eritreische und das äthiopische Tigrinya. Die Hauptunterschiede liegen in der Orhographie und im Lexikon. Die vielen Dialekte der Sprache sind noch nicht differenziert erforscht und beschrieben.
Für die Beispiele auf dieser Webseite wurde das IPA (International Phonetic Alphabet) verwendet.
Für die Beispiele auf dieser Webseite wurde das IPA (International Phonetic Alphabet) verwendet.
2 Phonetik-Phonologie
kontrastiver Überblick
Sprachlaute werden als Phone(Glossar) in [ ]-Klammern (bspw. für das Wort "schön" [ʃø:n]) und als Phoneme(Glossar) in / /-Klammern (bspw. für das "sch" /ʃ/) mit den Zeichen aus dem IPA (International Phonetic Alphabeth) geschrieben. Hörproben zu den einzelnen Sprachlauten nach IPA finden Sie auf der Website der International Phonetic Association unter: IPA Hörproben
Grapheme(Glossar) werden in < >-Klammern geschrieben (bspw. <schön>) und entsprechen dem uns für die deutsche Schriftsprache bekannten Alphabeth. Welches Phon bzw. welche Phonkombination welchem Graphem bzw. welcher Graphemkombination entspricht, können Sie im auf Wikipedia vorhandenen Verzeichnis nachschauen.
Grapheme(Glossar) werden in < >-Klammern geschrieben (bspw. <schön>) und entsprechen dem uns für die deutsche Schriftsprache bekannten Alphabeth. Welches Phon bzw. welche Phonkombination welchem Graphem bzw. welcher Graphemkombination entspricht, können Sie im auf Wikipedia vorhandenen Verzeichnis nachschauen.
= wichtige Hinweise
TIGRINYA | DEUTSCH | |||
Silben |
|
| ||
Prosodie |
|
| ||
Vokale |
|
| ||
Konsonanten |
|
| ||
Besonderheiten |
Lautsystem Vokale
Vokale im Tigrinya
Tigrinya | vorn | zentral | hinten | ||
hoch | i | u | |||
halbhoch | |||||
obermittelhoch | e | o | |||
mittel | ə | ||||
untermittelhoch | |||||
halbtief | æ | ||||
tief | a |
Vokale Tigrinya & Deutsch
konstrastive Darstellung:
Tigrinya | Überschneidung | Deutsch |
æ | a e i o u ə | y ʏ ɪ ʊ ø ɛː œ ɔ aː |
Aussprache deutscher Vokale
[i] | Igel | [y] | hüten | [u] | Schule |
[ɪ] | bitte | [ʏ] | Hütte | [ʊ] | Butter |
[e] | Tee | [ø] | schön | [o] | Ofen |
[ɛ] | Bett | [œ] | Hölle | [ɔ] | Schloss |
[ɛ:] | zählen | ||||
[a:] | Vase | ||||
[a] | Fall | ||||
[ə] | Glocke | ||||
[aɪ] | frei | [ɔɪ] | Eule | [aʊ] | Haus |
farbig hinterlegt = nicht vorkommende Vokal-Phoneme in Tigrinya
Hörproben zu den einzelnen Vokalen der International Phonetic Association: IPA Hörproben
Lautsystem Konsonanten
Konsonanten im Tigrinya
Tigrinya | bilabial | labiodental | dental | alveolar | postalveolar | retroflex | palatal | velar | uvular | pharyngal | glottal |
plosiv | p1 b | t d | k ɡ3 | ʔ | |||||||
nasal | m | n | ɲ | ||||||||
vibrant | r | ||||||||||
getippt / geschlagen | |||||||||||
frikativ | f (v)2 | s z | ʃ ʒ | (x)4 | ħ ʕ | h | |||||
lateral-frikativ | |||||||||||
approximant | w j | ||||||||||
lateral-approximant | l | ||||||||||
affrikate | tʃ dʒ | ||||||||||
ejektiv | tˈ tsˈ | tʃˈ | kˈ (x)ˈ |
1 p kommt nur in Lehnwörtern aus dem Italienischen vor
2 ist ein Allophon von b.
3 sämtliche velaren Laute werden auch mit Approximant /w/ gebildet: /kw, gw xw/ und können ejektivisch ausgesprochen werden.
4 nach Vokal wird /k/ als /x/ ausgesprochen. /x/ hat keinen Phonemstatus.
Alle Konsonanten ausser die pharyngealen und glottalen Lautenhaben auch als Doppelkonsonanten Phonemstatus.
2 ist ein Allophon von b.
3 sämtliche velaren Laute werden auch mit Approximant /w/ gebildet: /kw, gw xw/ und können ejektivisch ausgesprochen werden.
4 nach Vokal wird /k/ als /x/ ausgesprochen. /x/ hat keinen Phonemstatus.
Alle Konsonanten ausser die pharyngealen und glottalen Lautenhaben auch als Doppelkonsonanten Phonemstatus.
Konsonanten Tigrinya & Deutsch
kontrastive Darstellung:
Tigrinya | Überschneidung | Deutsch |
kʷ ɡʷ ɲ ʒ ħ ʕ tˈ tʃˈ kˈ kwˈ dʒ | p b t d k ɡ ʔ m n r f s z ʃ ʒ x h j l tʃ ts | ŋ ʀ ʁ v ç X pf |
Konsonanten Aussprache in Deutsch
[p] | Pass | [t] | Tasse | [k] | Kamel |
[b] | Biene | [d] | Dieb | [g] | Gast |
[m] | Mann | [n] | Nase | [ŋ] | Engel |
[f] | Fell | [s] | Wasser | [x] | suchen |
[v] | Wald | [z] | Sonne | [X] | Dach |
[ʃ] | Schal | [ʁ] | Ruhe (regional) | ||
[ç] | stechen | [h] | Hammer | ||
[j] | ja | ||||
[l] | Los | ||||
[r] | raus (Zungenspitzen-R, regional) | [ʀ] | raus (Rachen-R, regional) | ||
[pf] | Apfel | [ts] | Salz | [tʃ] | klatschen |
farbig hinterlegt = nicht vorkommender Konsonant in Tigrinya
Hörproben zu den einzelnen Konsonanten der International Phonetic Association: IPA Hörproben
3 Nomen
Genus
Deutsch | Tigrinya |
Das Deutsche kennt männliche, weibliche und sächliche Nomen. | Das Tigrinya kennt im Vergleich zum Deutschen nur männliche und weibliche Nomen. Viele Nomen werden aber keinem grammatischen Geschlecht zugeordnet. Sie sind also weder weiblich noch männlich. |
Zum Teil ist an der Wortform erkennbar, ob das Nomen männlich, weiblich oder sächlich ist. Meist muss aber die Zuordnung auswendig gelernt werden. Bsp.:
| Männliche Nomen sind nicht an der Wortform erkennbar. Einige weibliche Nomen haben die Endung -ti oder -t, meist sind sie aber ebenfalls nicht an der Form erkennbar. Bsp.:
|
Artikel
Deutsch | Tigrinya |
Das Deutsche kennt den bestimmten und unbestimmten Artikel. | Im Tigrinya gibt es im Unterschied zum Deutschen nur einen bestimmten Artikel. Er wird vom Demonstrativpronomen abgeleitet. Bsp.:
|
Kasus (Fälle)
Deutsch | Tigrinya |
Das Deutsche besitzt vier Fälle: Nominativ, Genitiv, Akkusativ und Dativ. | Das Tigrinya kennt kein entsprechendes Kasussystem. |
Die Fälle sind zum Teil endungslos oder werden mit Endungen gebildet. Der Kasus ist nicht nur am Nomen sichtbar, sondern auch an den vorangehenden Artikeln. Bsp.:
| Die Nomen verändern sich nicht aufgrund ihrer Funktion im Satz. Allerdings kann das Verb eine Endung erhalten, wenn es im Satz ein Objekt hat. Diese Endung unterscheidet sich nach Person und Numerus. Bsp.:
|
Numerus (Einzahl und Mehrzahl)
Deutsch | Tigrinya |
Die Nomen im Deutschen stehen entweder im Singular (Einzahl) oder im Plural (Mehrzahl). | Im Tigrinya stehen die Nomen ebenfalls in der Einzahl oder in der Mehrzahl. |
Die Mehrzahl wird mit Endungen und/oder Umlaut gebildet. Daneben gibt es die endungslose Mehrzahl. Die Bildung folgt keinem strikten System. Bsp.:
| Die Mehrzahl wird auf zwei verschiedene Arten gebildet:
Bsp.: Äusserer Plural:
|
4 Verb
Verbstellung
Deutsch | Tigrinya | |||||
Das Verb steht im Hauptsatz an zweiter Stelle. Bsp.:
| Im Tigrinya steht das Verb im Hauptsatz an letzter Stelle.
"Jonas kaufte der Tochter seines Freundes ein Geschenk." | |||||
Das Verb steht im Nebensatz an letzter Stelle. Bsp.:
| Im Nebensatz bleibt das Verb an letzter Stelle stehen. Bemerkung zum Beispiel: Der Relativsatz steht links vom Wort, auf das es sich bezieht. Deshalb steht “meine-Mutter” an letzter Stelle des ganzen Satzes. Das Verb des Relativsatzes steht aber an letzter Stelle im Relativsatz.
"Meine Mutter, die mich hier und da herumziehend aufzog." |
Subjekt-Verb-Kongruenz
Deutsch | Tigrinya |
Die Grundregel lautet: Das finite Verb stimmt mit dem Subjekt in Person und Numerus überein. Das heisst, dass sich die Endung des Verbs verändert, wenn das Subjekt in der ersten, in der zweiten oder in der dritten Person steht. Ebenfalls verändert sich die Endung, wenn das Subjekt in der Einzahl oder in der Mehrzahl steht. Bsp.:
| Im Tigrinya stimmt das Verb wie im Deutschen mit dem Subjekt in Person und Numerus überein. Im Unterschied zum Deutschen stimmt das Verb aber zusätzlich in der 2. und 3. Person mit dem Genus überein. Bsp.:
|
Tempus (Zeitformen)
Deutsch | Tigrinya |
Die am häufigsten gebrauchten Zeitformen des Deutschen sind: Präsens, Präteritum, Perfekt und Futur. | Das Tigrinya unterscheidet grob zwischen dem in der Literatur genannten Perfektiv, der die Vergangenheit ausdrückt und dem Imperfektiv, der das Präsens und Futur ausdrückt. Imperfektiv: Der Imperfektiv im Tigrinya wird aus dem Imperfektivstamm, Vorsilben und Endungen gebildet. Die Vorsilben und Endungen stehen für das Genus (männlich vs. weiblich) und den Numerus (Singular vs. Plural). Bsp.:
Perfektiv: Der Perfektiv im Tigrinya wird aus einem Perfektivstamm und Endungen gebildet. Sie stehen ebenfalls für das Genus und den Numerus. Bsp.:
|
5 Satzbau
Hauptsatz
Deutsch | Tigrinya | |||||
Die Reihenfolge der Satzglieder im deutschen Hauptsatz ist: Subjekt-Verb-Objekt. | Die Reihenfolge der Satzglieder im Hauptsatz ist: Subjekt-Objekt-Verb. | |||||
Das Verb steht im Hauptsatz an zweiter Stelle. Bsp.:
| Das Verb steht im Tigrinya an letzter Stelle im Satz. Bsp.:
"Jonas kaufte der Tochter seines Freundes ein Geschenk" |
Nebensatz
Deutsch | Tigrinya | |||||
Das Verb steht im Nebensatz an letzter Stelle. Bsp.:
| Nebensätze werden im Tigrinya auf eine andere Art gebildet. Der Nebensatz steht links vom Hauptsatz oder dem Satzteil, auf den er sich bezieht. Das Verb des Nebensatzes erhält dabei in gewissen Nebensätzen eine Vorsilbe. Bsp.:
"Ich komme nicht, falls es morgen regnet." |
Besonderheiten
Pro-drop-Sprache: Im Tigrinya kann das Subjektpronomen weggelassen werden. Spaltsätze: Im Tigrinya werden sog. Spaltsätze häufig verwendet. Ein Spaltsatz ist ein Hauptsatz, der in einen Kopulasatz und in einen Nebensatz aufgespalten wird, um Satzteile hervorzuheben. Bsp. aus dem Deutschen:
Bsp. aus dem Tigrinya:
"Es ist morgen, wenn mein Ehemann weggeht." |
6 Schriftsystem
Schriftsystem
Das Tigrinya verfügt über ein eigenes Schriftsystem basierend auf der äthiopischen Schrift. Es handelt sich um ein Abugida-Schriftsystem. Das heisst, dass jedes Schriftzeichen für einen Konsonanten + einen Vokal steht. Für die Beispiele auf dieser Webseite wurde das IPA (International Phonetic Alphabet) verwendet.
Gross- und Kleinschreibung
Das Tigrinya kennt keine Gross- und Kleinschreibung.
7 Quellen
Phonetik-Phonologie
- Buckley, E. (1994). Tigrinya vowel features and vowel coalescence. Penn Working Papers in Linguistics, 1(1), (1-28).
- Buckley, E. (1997). Against vowel length in Tigrinya. Studies in African Linguistics, 26(1), (63-102).
- Fitzgerald, C. M. (2006). More on Phonological Variation in Tigrinya. In S. Uhlig (Hrsg.), Proceedings of the 15th International Conference of Ethiopian Studies Hamburg 2003 (S. 763-768). Wiesbaden: Harrassowitz.
- Habte, M. (2020). Tigrinya. In B. Schader (Hrsg.), Deine Sprache - Meine Sprache. Handbuch zu 19 Migrationssprachen und zu Deutsch (S. 150-158). Zürich: Lehrmittelverlag Zürich.
- Hetzron, R. (1997). The Semitic Languages. New York. Routledge.
- Leslau, W. (1941). Documents Tigrigna: Grammaire et Textes. Paris: Librairie C. Klincksieck.
- Roos, K. (2016). En contrastieve analyse van de fonologie van Tigrinya en het Nederlands. Unveröffentlichte Masterarbeit, Universität Utrecht, Geisteswissenschaftliche Fakultät.
- Ullendorff, E. (1955). The Semitic Languages of Ethiopia. London: Taylor's Foreign Press.
- Voigt, R. (2011). Tigrinya. In St. Weninger (Hrsg.), The Semitic Languages. An International Handbook (S. 1153-1169). Berlin: Walter de Gruyter GmbH.
Morphologie-Syntax & allgemeine Informationen
- Bulakh, M. (2019). Tigrinya. In J. Huehnergard & N. Pat-El (Hrsg.), The Semitic Languages (2. Aufl.). London: Routledge.
- Gallmann, P. & Sitta, H. (2012). Deutsche Grammatik (7. unveränderte Aufl.). Zürich: Lehrmittelverlag Zürich.
- Goldenberg, G. (2013). Semitic Languages. Features, Structures, Relations, Processes. Oxford: Oxford University Press.
- Kogan, L. (2013). Word order. In M. Dryer & M. Haspelmath (Hrsg.), The World Atlas of Language Structures Online. Leipzig: Max Planck Institute for Evolutionary Anthropology. Zugriff am 20.02.2020 unter http://wals.info/languoid/lect/wals_code_tig.
- Kunkel-Razum, K. & Münzberg, F. (Hrsg.). (2005). Duden. Die Grammatik. Unentbehrlich für richtiges Deutsch (7. Aufl.). Zürich: Dudenverlag.
- Schader, B. (2013). Deutsch. In B. Schader (Hrsg.), Deine Sprache - meine Sprache. Handbuch zu 14 Migrationssprachen und zu Deutsch. Für Lehrpersonen an mehrsprachigen Klassen und für den DaZ-Unterricht (2.Aufl.) (S. 9-16). Zürich: Lehrmittelverlag Zürich.
- Sommer, A. & Schreiber, J. (2007). Einführung in das Tigrina. Grammatik, Lesestück, Vocabular. Wien: Selbstverlag.
- Voigt, R. (2011). Tigrinya. In St. Weninger (Hrsg.), The Semitic Languages. An International Handbook. Berlin: Walter de Gruyter GmbH.
Zuletzt geändert: 10. Feb 2023, 01:44, [piccirelli-giontsis.nathalia]