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Interferenzen

Gegenüberstellung der meistgesprochenen Fremdsprachen im deutschsprachigen Raum mit dem Hochdeutschen

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Türkisch

1 Allgemeine Informationen

Das Türkische zählt innerhalb der altaischen Sprachfamilie nebst Sprachen wie Aserbaidschanisch, Usbekisch, Turkmenisch u.a. zum Zweig der Turksprachen. Innerhalb der Gruppe der Turksprachen ist das Türkische die zahlenmässig am stärksten vertretene Sprache.
Das Türkische wird weltweit von ca. 78 Mio. Menschen als Erstsprache gesprochen, ca. 380’000 Menschen - u.a. Armenier und Kurden - sprechen das Türkische als Zweitsprache.
Lange Zeit wurde das Türkische mit dem arabischen Alphabet geschrieben. Erst um 1928 wurde unter dem Staatspräsidenten Atatürk, dem sog. “Vater der Türken”, das lateinische Alphabet eingeführt, das sich seiner Meinung nach besser für die Vokalharmonie eignete. Vokalharmonie bedeutet dabei, dass alle Vokale in einem Wort an die entsprechenden hellen bzw. dunklen Vokale des Wortstamms angepasst werden müssen. So werden die Vokale in einem Wort entweder durchgehend aus hellen (e, i, ö, ü) oder dunklen (a, ı, o, u) Vokalen gebildet (Bsp.: Büyük müsünüz? “Sind Sie gross?”). Eine weitere sprachliche Besonderheit im Türkischen ist, dass in der Regel alle grammatischen Informationen wie z.B. Person, Tempus, Objekt, adverbiale Bestimmungen usw. mit Suffixen markiert werden, d.h. alle grammatischen Informationen werden an den Wortstamm angehängt bzw. “angeklebt”, weshalb man vom Türkischen als einer agglutinierenden (=ankleben) Sprache spricht (Bsp.: Gel-e-me-y-ecek-se-m. wortwörtliche Übersetzung “kommen-können-nicht-Zukunft-wenn-ich.” -> “Wenn ich nicht kommen kann,...”).
Das Türkische wird vor allem in der Türkei gesprochen, wo das Türkische Standardsprache ist. Weiter findet man türkische Minderheitengruppen in Albanien, Mazedonien, Montenegro, Bulgarien, Zypern, Griechenland sowie in Teilen des Westens, vor allem aber in Deutschland.
Das heutige Türkisch, wie es in der Türkei gesprochen wird, beruht auf dem Istanbuler Dialekt. Seit der Herrschaft Atatürks hat sich die Sprache bzgl. des Wortschatzes stark verändert. Viele Wörter mit arabischem Ursprung wurden aus dem Vokabular entfernt und mit ursprünglich türkischen Wörtern oder durch Wortneuschöpfungen ausgetauscht. Dieses (Neu-)Türkisch oder Türkeitürkisch - wie es auch genannt wird - wird vor allem in den Schulen, an Universitäten, in Radiosendungen, in der Zeitung und in den Medien benutzt bzw. unterrichtet. In der gesprochenen Sprache unterscheidet man zudem eine Vielzahl an Dialekten, von denen sich manche mehr und manche weniger stark vom Standardtürkischen unterscheiden.

2 Phonetik-Phonologie

Sprachlaute werden als Phone(Glossar) in [ ]-Klammern (bspw. für das Wort "schön" [ʃø:n]) und als Phoneme(Glossar) in / /-Klammern (bspw. für das "sch" /ʃ/) mit den Zeichen aus dem IPA (International Phonetic Alphabeth) geschrieben. Hörproben zu den einzelnen Sprachlauten nach IPA finden Sie auf der Website der International Phonetic Association unter: IPA Hörproben
Grapheme(Glossar) werden in < >-Klammern geschrieben (bspw. <schön>) und entsprechen dem uns für die deutsche Schriftsprache bekannten Alphabeth. Welches Phon bzw. welche Phonkombination welchem Graphem bzw. welcher Graphemkombination entspricht, können Sie im auf Wikipedia vorhandenen Verzeichnis nachschauen.
= wichtige Hinweise
TÜRKISCH
DEUTSCH
Silben
  • einfache Silbenstruktur(Glossar) mit einfacher Konsonanten-Vokal-Struktur
  • verschiedene Autoren widersprechen sich bzgl. möglicher Konsonantenverbindungen:
    • innerhalb von Silben keine Konsonantenverbindungen (Rolffs, 2006; Hirschfeld, 2021)
    • wenige Ausnahmen bilden Fremdwörter (Özen, 1985)
    • Konsonantenhäufungen fast nur am Silbenende mit maximal zwei Konsonanten (Gürsoy, 2010)
  • komplexe Silbenstruktur des Deutschen kann zu fast unlösbaren Artikulationsproblemen beim Deutsch lernen führen
  • komplexe Silbenstruktur mit komplexen Konsonantenhäufungen
  • im Silbenkopf(Glossar) maximal 3, im Silbenkoda(Glossar) maximal 5 Konsonanten möglich
Prosodie
  • Wortakzent nicht distinktiv(Glossar)
  • silbenzählender(Glossar) Sprechrhythmus
  • Wortakzent liegt generell auf der letzten Silbe oder auf dem Suffix
  • bei Namen liegt der Akzent auf der ersten oder zweiten Silbe, bei Fremdwörtern an unterschiedlichen Positionen
  • geringeres Melodieintervall als das Deutsche
  • Wortakzent distinktiv
  • akzentzählender(Glossar) Sprechrhythmus
  • Wortakzent meist auf erster Silbe oder auf Wortstammsilbe
Vokale
  • zahlreiche diphthongartige(Glossar) Verbindungen mit dem Laut /j/ (durch Graphem(Glossar) <y> abgebildet)
  • fliessende Übergänge an Silben- und Wortgrenzen
      
  • Vokalharmonie ermöglicht Artikulation mit möglichst geringem Aufwand:
    • innerhalb eines Wortes folgen alle Vokale einer progressiven Assimilation -> es dürfen nur entweder helle bzw. vordere /e, i, ø, y/ oder dunkle bzw. hintere /a, ɯ, o, u/ Vokale vorkommen
    • der letzte im Stammwort vorkommende Vokal bestimmt die nachfolgenden in den Suffixen
  • eine Besonderheit ist der nur als Minuskel (=Kleinbuchstabe) <ğ> und nur nach Vokalen vorkommende Laut [ɣ]:
    • bewirkt nach dunklen Vokalen eine Dehnung des entsprechenden Vokals und wird nicht artikuliert
    • wird nach hellen Vokalen als [j] gesprochen
  • 16 Vokal-Phoneme
  • 3 Diphtonge: /aɪ ɔɪ aʊ/
      
      
  • Vokallänge distinktiv
      
  • Vokalneueinsatz durch Glottisschlag(Glossar) /Ɂ/ an Silben- und Wortgrenzen
Konsonanten
  • 20 Konsonanten
  • das Merkmal stimmhaft vs. stimmlos(Glossar) ist distinktiv(Glossar), das Merkmal fortis(Glossar) vs. lenis(Glossar) nimmt sekundäre Funktion ein
  • Plosive(Glossar) werden, je nach Lautumgebung, progressiv oder regressiv assimiliert(Glossar)
  • der Laut /h/ wird initial als [h], nach einem Vokal als [ç] realisiert
  • der Laut /l/ wird vor oder hinter hellen Vokalen als [l], vor oder hinter dunklen Vokalen als [ɬ]  realisiert
  • der Laut /k/ wird nach Vokalen als [ɣ] und nach einem /n/ als [g] realisiert
  • Auslautverhärtung(Glossar) wird auch in der Schrift ausgewiesen
  • treten stimmhafte(Glossar) Laute im Schriftbild an finaler Position auf, nehmen diese eine distinktive(Glossar) Funktion ein
  • Doppelkonsonanten kommen nur in Fremdwörtern vor und werden mit einer Pause dazwischen einzeln gelesen
  • in vorkommende Konsonantenhäufungen (bspw. in Fremdwörtern oder beim Deutsch lernen) wird zur Vereinfachung ein Sprossvokal(Glossar) eingeschoben
  • Wörter wie <Herbst, Herbststräusse, Geburtstag> sind für türkisch Sprechende kaum aussprechbar
  • 21 Konsonanten
  • das Merkmal fortis vs. lenis ist distinktiv
      
      
  • stimmlose Plosive /p, t, k/ werden aspiriert
      
  •   
      
  •   
      
  •   
      
      
  •   
      
  • typische Auslautverhärtung, wird in der Schrift nicht widergegeben
Besonderheiten
  • 1:1-Beziehung zwischen Phonem(Glossar) und Graphem(Glossar) im Türkischen führt beim Lesen und Schreiben im Deutschen zu verschiedenen Problemen
  • das Graphem(Glossar) <qu> wird als [ku] und nicht als [kv] realisiert
  • das Graphem(Glossar) <c> wird als [dʒ] statt [ts, k], das <z> als [z] statt [ts], das <v> nur als [v], das <j> als [ʒ] statt [j] und das Dehnungs-h als [h] oder [ç] gelesen
Vokale im Türkisch
Türkisch
vorn
      
zentral
      
hinten
hoch
i   y
ɯ   u
halbhoch
obermittelhoch
e   ø
o
mittel
untermittelhoch
halbtief
tief
a
Vokale Türkisch & Deutsch
konstrastive Darstellung:
Türkisch
Überschneidung
  Deutsch 
ɯ
i y u e
o ø a
ɪ ʏ ʊ ə ɛ
ɔ ɛ: œ a:
Aussprache deutscher Vokale
[i]
Igel
[y]
hüten
[u]
Schule
[ɪ]
bitte
[ʏ]
Hütte
[ʊ]
Butter
[e]
Tee
[ø]
schön
[o]
Ofen
[ɛ]
Bett
[œ]
Hölle
[ɔ]
Schloss
[ɛ:]
zählen
[a:]
Vase
[a]
Fall
[ə]
Glocke
[aɪ]
frei
[ɔɪ]
Eule
[aʊ]
Haus
farbig hinterlegt = nicht vorkommende Vokal-Phoneme im Türkischen
Hörproben zu den einzelnen Vokalen der International Phonetic Association: IPA Hörproben
Konsonanten im Türkisch
Türkisch
bilabial
labiodental
dental
alveolar
postalveolar
retroflex
palatal
velar
uvular
pharyngal
glottal
plosiv
p   b
t   d
k   g
nasal
m
n
vibrant
r
getippt / geschlagen
frikativ
f   v
s   z
ʃ   ʒ
h
lateral-frikativ
approximant
j
lateral-approximant
l
affrikate
tʃ   dʒ
allfällige Bildunterschrift (falls nicht, diesen Platzhalter löschen)
Konsonanten Türkisch & Deutsch
kontrastive Darstellung:
Türkisch
Überschneidung
Deutsch
p b t d k g f v s z
ʃ ʒ h m n l r j tʃ
Ɂ ʀ ç ŋ x X ʁ
ts pf
Konsonanten Aussprache in Deutsch
[p]
Pass
[t]
Tasse
[k]
Kamel
[b]
Biene
[d]
Dieb
[g]
Gast
[m]
Mann
[n]
Nase
[ŋ]
Engel
[f]
Fell
[s]
Wasser
[x]
suchen
[v]
Wald
[z]
Sonne
[X]
Dach
[ʃ]
Schal
[ʁ]
Ruhe (regional)
[ç]
stechen
[h]
Hammer
[j]
ja
[l]
Los
[r]
raus
(Zungenspitzen-R,
regional)
[ʀ]
raus
(Rachen-R,
regional)
[pf]
Apfel
[ts]
Salz
[tʃ]
klatschen
farbig hinterlegt = nicht vorkommender Konsonant im Türkischen
Hörproben zu den einzelnen Konsonanten der International Phonetic Association: IPA Hörproben

3 Nomen

Deutsch
Türkisch
Das Deutsche kennt männliche, weibliche und sächliche Nomen.
Im Unterschied zum Deutschen gibt es im Türkischen kein Genus. Das Genus bleibt ebenfalls bei Lebewesen unmarkiert. Die Ausdrücke kız “Mädchen” kadın “Frau” oder erkek “Mann” können um das Geschlecht hervorzuheben vor das Nomen gesetzt werden.
Bsp.:
  • kadın doktor (Frau Doktor: Ärztin)
  • kız öğrenci (Mädchen Schüler: Schülerin)
Deutsch
Türkisch
Das Deutsche kennt den bestimmten und unbestimmten Artikel.
Das Türkische kennt im Gegensatz zum Deutschen nur den unbestimmten Artikel.
Bestimmter und unbestimmter Artikel werden vor das Nomen gesetzt.
Wie im Deutschen wird der unbestimmte Artikel vor das Nomen gesetzt.
Bsp.:
  • bir elma (ein Apfel)
Die Artikel haben verschiedene Formen, je nach Genus, Fall und Numerus des Nomens.
Bsp.: 
  • der Vater
  • des Vaters
  • den Vater
  • die Vätern
  • den Vätern
Im Unterschied zum Deutschen verändert sich der Artikel im Türkischen nicht.
Unbestimmter Artikel:
Den unbestimmten Artikel gibt es nur im Singular: “ein” oder “eine”.
Unbestimmter Artikel:
Als unbestimmter Artikel wird das Zahlwort “eins” benutzt: bir.
Bsp.:
  • bir kişi (eine Person)
Deutsch
Türkisch
Das Deutsche besitzt vier Fälle: Nominativ, Genitiv, Akkusativ und Dativ.
Im Gegensatz zum Deutschen kennt das Türkische sechs Fälle. Zu den vier im Deutschen bekannten Fällen, kommen der Lokativ und der Ablativ hinzu.
Lokativ
Der Lokativ bezeichnet Ortsangaben.
Bsp.:
  • evde (zu Hause)
  • sepette (im Korb)
Ablativ
Der Ablativ bezeichnet die Herkunft.
Bsp.:
  • evimden uzak (weit von meinem Haus weg)
  • okuldan (von der Schule)
Die Fälle sind zum Teil endungslos oder werden mit Endungen gebildet. Der Kasus ist nicht nur am Nomen sichtbar, sondern auch an den vorangehenden Artikeln.
Bsp.:
  • Der Vater geht ins Kino.
  • Der Freund des Vaters geht ins Kino.
  • Dem Vater schenkt das Kind ein Buch.
  • Das Kind sieht den Vater.
Die Fälle werden wie im Deutschen mit Endungen angezeigt. (Die Endungen verändern sich gemäss der Vokalharmonie.)
Bsp.:
  • öğrenci (der Schüler)
  • öğrenciyi (den Schüler)
  • öğrenciye (dem Schüler)
  • öğrencide (Lokativ: beim Schüler)
  • öğrenciden (Ablativ: vom Schüler)
Deutsch 
Türkisch
Die Nomen im Deutschen stehen entweder im Singular (Einzahl) oder im Plural (Mehrzahl).
Im Türkischen stehen die Nomen ebenfalls in der Einzahl oder in der Mehrzahl.
Die Mehrzahl wird mit Endungen und/oder Umlaut gebildet. Daneben gibt es die endungslose Mehrzahl. Die Bildung folgt keinem strikten System.
Bsp.:
  • der Tag - die Tage
  • der Nagel - die Nägel
  • der Stab - die Stäbe
  • das Muster - die Muster
Wie im Deutschen wird im Türkischen die Mehrzahl durch Anhängen einer Endung gebildet. Allerdings geschieht dies im Unterschied zum Deutschen systematischer durch Anhängen einer möglichen Endung -lar/-ler. Zudem kennt das Türkische im Unterschied zum Deutschen keine Stammvokalveränderungen.
(Die Endung verändert sich gemäss der Vokalharmonie.)
Bsp.:
  • kedi - kediler (die Katze - die Katzen)
  • kuş - kuşlar (der Vogel - die Vögel)

4 Verb

Deutsch
Türkisch
Das Verb steht im Hauptsatz an zweiter Stelle.
Bsp.:
  • Anna legte den Hörer auf.
  • Die Katze gähnte.
Im Gegensatz zum Deutschen steht im Türkischen das Verb an letzter Stelle. Die Satzstellung ist zudem freier im Vergleich zum Deutschen.
Bsp.:
Ayşe
Ayşe
su
Wasser
içiyor.
trinkt.
Das Verb steht im Nebensatz an letzter Stelle.
Bsp.:
  • Ich bin der Meinung, dass das eine gute Lösung ist.
  • Ich zweifle, ob das eine gute Lösung ist.
Im Türkischen werden Nebensätze im Vergleich mit dem Deutschen normalerweise nicht mit Konjunktionen gebildet, ausser Kausalnebensätze mit der Konjunktion çünkü "weil".
Dabei steht das Verb wie im Deutschen an letzter Stelle.
Bsp.:
çünkü
weil
bir at
ein Pferd
boyuyorum.
male (ich).
Deutsch
Türkisch
Die Grundregel lautet: Das finite Verb stimmt mit dem Subjekt in Person und Numerus überein. Das heisst, dass sich die Endung des Verbs verändert, wenn das Subjekt in der ersten, in der zweiten oder in der dritten Person steht. Ebenfalls verändert sich die Endung, wenn das Subjekt in der Einzahl oder in der Mehrzahl steht.
Bsp.:
  • ich lache
  • du lachst
  • er/sie/es lacht
  • wir lachen
  • ihr lacht
  • sie lachen
Im Türkischen stimmt wie im Deutschen das finite Verb mit dem Subjekt in Person und Numerus überein. Die dritte Person Singular wird allerdings nicht markiert. Im Unterschied zum Deutschen muss zudem die Endung der 3. Person Plural nicht ausgesprochen werden.
Bsp.:
  • ben üşüyorum (ich friere)
  • sen üşüyorsun (du frierst)
  • o üşüyor (er/sie/es friert)
  • biz üşüyoruz (wir frieren)
  • siz üşüyorsunuz (ihr friert)
  • onlar üşüyor(lar) (sie frieren)
Deutsch
Türkisch
Die am häufigsten gebrauchten Zeitformen des Deutschen sind: Präsens, Präteritum, Perfekt und Futur.
Das Türkische unterscheidet im Gegensatz zum Deutschen zwischen zwei Präsensformen und zwei Vergangenheitsformen. Wie im Deutschen gibt es eine Futurform. Das Türkische kennt allerdings keinen Perfekt.

Die Zeitformen werden im Vergleich zum Deutschen nur durch Anhängen von Endungen gebildet. Die Tempusendungen stehen immer vor der Personalendung und verändern sich gemäss der Vokalharmonie.
iyor- Präsens:
Das iyor-Präsens wird für Ereignisse in der Gegenwart, andauernde Zustände und für zukünftige Handlungen (wenn Zeitangaben verwendet werden) verwendet. Diese Form wird mit der Endung -iyor- markiert.
Bsp.:
  • Annem yarın geliyor (wortwörtlich: "Meine Mutter morgen kommt.")
  • Durakta bekliyorum. (wortwörtich: "(ich) an der Bushaltestelle warte.")
Das unbestimmte Präsens:
Das unbestimmte Präsens wird verwendet um Gewohnheit, eine Regelmässigkeit oder eine Möglichkeit darzustellen. Gebildet wird es mit der Endung -ir- oder -er-.
Bsp.:
  • O ne yapar? (wortwörtlich: "Sie was macht?" Sinngemäss: "Was ist ihr Beruf?")
di-Vergangenheit:
Die di-Vergangenheit markiert abgeschlossene Handlungen und Ereignisse in der Vergangenheit. Je nach Kontext kann diese Form im Deutschen mit dem Perfekt oder Präteritum übersetzt werden.
Bsp.:
  • Tatil çok çabuk geçti (wortwörtlich: "Die Ferien sehr schnell sind vergangen.”)
miş-Vergangenheit:
Die miş-Vergangenheit wird verwendet, wenn man über vergangene Ereignisse spricht, die man nur vom Hörensagen weiss. Auch Märchen oder Witze werden oft in dieser Vergangenheitsform erzählt.
Bsp.:
  • Barbara yeni bir araba almış. (wortwörtlich: “Barbara neu ein Auto kaufte.” sinngemäss:“Barbara soll ein neues Auto gekauft haben.")
Perfekt:
Das Perfekt wird entweder mit dem Hilfsverb "haben" oder "sein" und dem Partizip Perfekt gebildet. Das Hilfsverb "sein" wird in der Regel bei einem Orts- oder Zustandswechsel verwendet.
Bsp.:
  • Er ist ins Kino gegangen.
  • Sie hat den Apfel gegessen.
Perfekt:
Das Tükische kennt keine zusammengesetzten Zeitformen. Die di-Vergangenheit kann je nach Kontext mit dem deutschen Perfekt übersetzt werden.
Bsp.:
  • Tatil çok çabuk geçti (wortwörtlich: Die Ferien sehr schnell sind vergangen.” sinngemäss: “Die Ferien sind schnell vergangen.”)
Futur:
Das Futur wird mit dem Hilfsverb “werden”  und dem Infinitiv gebildet.
Bsp.:
  • Sie wird ins Kino gehen.
  • Er wird den Apfel essen.
Futur:
Das Futur wird im Unterschied zum Deutschen mit einer Endungen gebildet: ecek.
Bsp.:
  • onlar gidecekler (sinngemäss: “Sie werden gehen.”)
Das Verb “sein”:
Im Deutschen ist das Verb “sein” in den untenstehenden Beispielssätzen ein sogenanntes Kopulaverb. Das Kopulaverb ist neutral und trägt keine Bedeutung. Die Bedeutung entsteht erst durch eine Ergänzung (unten durch Lehrerin, gesund, Chefin). Die Ergänzung wird als das Prädikativ bezeichnet. Es trägt die Bedeutung des Satzes. Das Kopulaverb trägt lediglich die Modus- und Tempusmerkmale des Satzes.
Bsp.:
  • Ich bin Lehrerin.
  • Anna ist gesund.
  • Anna war Chefin.
Das Verb “sein”:
Das Türkische bildet im Unterschied zum Deutschen solche prädikativen Sätze auf eine andere Weise. Dabei wird das Verb gar nicht realisiert oder als Endung am Nomen und Adjektiv markiert.
Bsp.:
  • Park güzel (wortwörtlich: “Park schön”)
  • Türksün (wortwörlich: “Türkin/Türke-du-bist”)
Das Verb "haben":
Das Verb “haben” drückt unter anderem im Deutschen Besitzverhältnisse aus.
Bsp.:
  • Ich habe zwei Autos.
Das Verb "haben":
Das Verb “haben” gibt es im Türkischen nicht. Besitzverhältnisse werden mit dem Ausdruck var “es gibt, es hat” und einem Possessivpronomen ausgedrückt. 
Bsp.:
  • Iki arabamvar (wortwörtlich: "Zwei Auto-mein es gibt.” sinngemäss: “Ich habe zwei Autos.”)

5 Satzbau

Deutsch 
Türkisch
Die Reihenfolge der Satzglieder im deutschen Hauptsatz ist: Subjekt-Verb-Objekt.
Das Türkische kennt eine andere Satzstruktur: Subjekt-Objekt-Verb.
Das Verb steht im Hauptsatz an zweiter Stelle.
Bsp.:
  • Anna legte den Hörer auf.
  • Die Katze gähnte.
Im Gegensatz zum Deutschen steht im Türkischen das Verb an letzter Stelle. Die Satzstellung ist zudem freier im Vergleich zum Deutschen. Im Türkischen kann zusätzlich das Subjekt weggelassen werden.
Bsp.:
Ayşe
Ayşe
su
Wasser
içiyor.
trinkt.
Deutsch
Türkisch
Das Verb steht im Nebensatz an letzter Stelle.
Bsp.:
  • Ich bin der Meinung, dass das eine gute Lösung ist.
  • Ich zweifle, ob das eine gute Lösung ist.
Im Türkischen werden Nebensätze im Vergleich mit dem Deutschen normalerweise nicht mit Konjunktionen gebildet, ausser Kausalnebensätze mit der Konjunktion çünkü "weil".
Dabei steht das Verb wie im Deutschen an letzter Stelle.
Bsp.:
çünkü
weil
bir at
ein Pferd
boyuyorum.
male (ich).
Zur Bildung von Nebensätzen werden ansonsten in der Regel eine Art Partizip oder sogenannte substantivierte Infinitive verwendet.
Bsp.:
Dün
Gestern
geldiğini
Gekommensein-dein
söyledim.
sagte (ich).
Deutsch
Türkisch
Im Deutschen unterscheidet man zwischen Entscheidungs- und Ergänzungsfragen.
Wie das Deutsche kennt das Türkische die Entscheidungs- und Ergänzungsfrage.
In sog. Entscheidungsfragen, bei denen man mit Ja oder Nein antwortet, steht das finite Verb an erster Stelle im Satz und das Subjekt wird nachgestellt (Inversion von Subjekt und Verb).
Bsp.:
  • Kommst du mit?
Die Entscheidungsfrage wird im Türkischen mit der Fragepartikel mi gebildet. Die Partikel steht entweder beim Verb oder direkt hinter dem Satzteil nach dem gefragt wird. Im Unterschied zum Deutschen bleibt die Hauptsatzstruktur vorhanden.
(Die Frageparikel verändert sich entsprechend der Vokalharmonie.)
Bsp.:
  • Hautpsatz: Sen gidiyorsun. (wortwörtlich: "Du gehst.")
  • Fragesatz: Sen gidiyor musun? (wortwörtlich: "Du gehst?")
  • O bugün Berlin’e mi geliyor?  (wortwörtlich: Er heute nach Berlin (mi) kommt? - Berlin wird fokussiert.)
Ergänzungsfragen verlangen im Deutschen ein Fragewort. Die Reihenfolge der Satzglieder verändert sich, das Verb bleibt an zweiter Stelle und das Subjekt wird dem Verb nachgestellt (Inversion von Subjekt und Verb).
Bsp.:
  • Wen bringst du mit?
Im Türkischen wird die Ergänzungsfrage durch Voranstellen eines Fragewortes vor das Verb gestellt. Die Satzstellung bleibt im Unterschied zum Deutschen erhalten.
Bsp.:
  • nereye gidiyor? (wortwörtlich: "Er wohin geht?") 
Deutsch
Türkisch
Topikalisierung bedeutet die Hervorhebung bestimmter Satzglieder durch Voranstellung im Satz. Die Reihenfolge der Satzglieder ändert sich dadurch. Das Nomen wird dem Verb nachgestellt (Inversion von Subjekt und Verb).
Bsp.:
  • Hauptsatz ohne Topikalisierung:„Sie sah sich erstaunt in der Gegend um.“
  • Hauptsatz mit Topikalisierung:„Erstaunt sah sie sich in der Gegend um.“
Im Türkischen können ebenfalls durch eine veränderte Wortstellung bestimmte Wörter hevorgehoben werden. Das Wort, das hervorgehoben werden soll, wird vor das Verb gestellt.
Bsp.:
  • O bugün Izmir’den Berlin’e geliyor. (wortwörtlich: "Er heute von Izmir nach Berlin kommt.")
  • O bugün Berlin’e Izmir’den geliyor. (wortwörtlich: "Er heute nach Berlin von Izmir kommt.")

6 Schriftsystem

Im Türkischen wird wie im Deutschen das lateinische Alphabet verwendet. Deshalb werden Beispiele auf dieser Seite mit dem Schriftsystem des Türkischen wiedergegeben.
Im Gegensatz zum Deutschen besitzt das Türkische die Grapheme ä, q, w, und x nicht. Zudem kennt das Türkische den Diphthong äu und die Dehnungsmarkierungen h, ie und ieh nicht. Zur Orientierung eine Übersicht der Grapheme, die nicht mit dem Deutschen übereinstimmen.
Türkische Grapheme
Aussprache im Deutschen
c
dsch (wie in Dschungel)
ç
tsch (wie in Deutsch)
e
weites helles e, fast ä
ğ
wird nicht ausgesprochen, dehnt den Vokal davor.
h
hörbares h, am Wortende als ch ausgesprochen (wie in "ich")
ı
wie e im Auslaut (z.B. wie e in haben)
j
stimmhaftes sch (wie j in Journal)
s
scharfes, stimmloses s (wie s in Wasser)
ş
stimmhaftes sch
v
w
y
j
z
stimmhaftes s (wie s in Sonne)
                                                               Tabelle entnommen aus Gappisch, 2013, S.122; Jansky, 1986, S. 1
Das Türkische kennt andere Regeln zur Gross- und Kleinschreibung als das Deutsche. Alle Wörter werden klein geschrieben.
Ausnahmen sind: Satzanfang, Titel und Eigennamen. 

7 Quellen

  • Gürsoy, E. (2010). proDaZ - Sprachbeschreibung Türkisch. Universität Duisburg - Essen. Zugriff am 15.11.2022 unter https://www.uni-due.de/imperia/md/content/prodaz/sprachbeschreibung_tuerkisch.pdf
  • Hirschfeld, U. (2018). Phonetik im Fach Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Berlin: Erich Schmidt Verlag (S. 126-129)
  • Hirschfeld, U., Reinke, K. (2021). Türkisch. In Dahmen, S., Hirschfeld, U., Meissner, S. & Reinke, K. (2018). Einführung in das Online-Material. Kontrastive Phonetik für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Berlin: Erich Schmidt Verlag
  • International Phonetic Association. The International Phonetic Alphabet and the IPA Chart. Zugriff am 21.09.2022 unter https://www.internationalphoneticassociation.org/content/ipa-chart
  • Özen, E. (1985). Forum Phoneticum 30. Untersuchungen zu einer kontrastiven Phonetik. Türkisch - Deutsch. Hamburg: Helmut Buske Verlag
  • Rolffs, S. (2006). Türkisch. Phonetik International - Kontrastive Studien für Deutsch als Fremdsprache. Nach Ausgabe 2006 von "Phonetik international von Afrikaans bis Zulu" - Heidrun Popp - Verlag. Zugriff am 18.10.2022 unter https://research.uni-leipzig.de/agintern/phonetik/phonlehre_700a.htm
  • Schlatter Gappisch, K. (2020). Türkisch. In B. Schader (Hrsg.), Deine Sprache - Meine Sprache. Handbuch zu 19 Migrationssprachen und zu Deutsch (S. 159-166). Zürich: Lehrmittelverlag Zürich
  • Çakır, H. (2014). Kurzgrammatik Türkisch. Zum Nachschlagen und Üben. Ismaning: Hueber Verlag.
  • Dilmaç E. (2012). Türkisch für Dummies. Weinheim: WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA.
  • Gallmann, P. & Sitta, H. (2012). Deutsche Grammatik (7. unveränderte Aufl.). Zürich: Zürich Lehrmittelverlag. 
  • Gappisch, K. S. (2013). Türkisch. In B. Schader (Hrsg.), Deine Sprache - meine Sprache. Handbuch zu 14 Migrationssprachen und zu Deutsch. Für Lehrpersonen an mehrsprachigen Klassen und für den DaZ-Unterricht (2. Aufl.) (S. 117- 123). Zürich: Lehrmittelverlag Zürich.
  • Göksel, A. & Kerlake, C. (2005). Turkish. A Comprehensive Grammar. London: Routledge.
  • Gürsoy, E. (2010). proDaZ - Sprachbeschreibung Türkisch. Universität Duisburg - Essen. Zugriff am 21.04.2018 unter https://www.uni-due.de/imperia/md/content/prodaz/sprachbeschreibung_tuerkisch.pdf.
  • NN. Hochschule für Telekommunikation Leipzig (2018). HfTL German course 8. Zugriff am 13.05.2018 unter http://moodle.hft-leipzig.de/mod/page/view.php?id=1091.
  • Jansky, H. (1986). Lehrbuch der Türkischen Sprache (2. überarbeitete und erweiterte Aufl.). Wiesbaden: Harrassowitz. 
  • Kornfilt, J. (1997). Turkish. London: Routledge.
  • Kunkel-Razum, K. & Münzberg, F. (Hrsg.). (2005). Duden. Die Grammatik. Unentbehrlich für richtiges Deutsch (7. Aufl.). Zürich: Dudenverlag. 
  • Schader, B. (2013). Deutsch. In B. Schader (Hrsg.), Deine Sprache - meine Sprache. Handbuch zu 14 Migrationssprachen und zu Deutsch. Für Lehrpersonen an mehrsprachigen Klassen und für den DaZ-Unterricht (2.Aufl.) (S. 9-16). Zürich: Lehrmittelverlag Zürich.
  • Schmidt, M. (2014). Sprachtherapie mit mehrsprachigen Kindern. Basel: Ernst Reinhardt Verlag.
  • Simons, G. F. & Fennig, Ch. D. (Hrsg.). (2018). Ethnologue: Languages of the World (21. Edition). Dallas: SIL International. Zugriff am 27.04.2018 https://www.ethnologue.com/language/tur.
  • Simons, G. F. & Fennig, Ch. D. (Hrsg.). (2018). Ethnologue: Languages of the World (21. Edition). Dallas: SIL International. Zugriff am 01.04.2018 unter https://www.ethnologue.com/language/sqi.
  • Stein, M. (2013). Kauderwelsch plus. Türkisch Wort für Wort. Wörterbuch Türkisch. Bielefeld: REISE KNOW-HOW Verlag Peter Rump GmbH.

Zuletzt geändert: 8. Feb 2023, 17:41, [piccirelli-giontsis.nathalia]